“Mikka mitm Trailer aufn Sommeiler”

Lang, lang ist´s her……….Im Sommer 1989 fuhr ich das erste Mal gezielt zwischen Oulx und Cesana von der SS24 am Wegweiser „Fenils“ ab.
„PraClaud“ war damals noch ein uralter Bauernhof, und der Weg bis dahin schon spannend. Die Themen „Streckensperrungen, Corpo Forestale und ZTL-Montagna etc.“ existierten noch gar nicht. Ein Schild mit Totenkopfsymbol war der einzige Hinweis das man auf dem richtigen……und damals noch „rechtem Weg“ ist……….ja……lang, lang ist´s her.   

Sonntag, 29.09.2019:

Kurz nach 11Uhr öffnet Valleria mir bei sommerlichen Temperaturen das Hoftor und Gino zeigt mir meine Unterkunft für die nächsten 5 Tage. Da das Nigritella Zimmertechnisch auf Anschlag ausgebucht war, hat er mir ein Appartemento gleich gegenüber an der Hauptstraße besorgt. Zum Frühstück und Abendessen wurde ich von Valleria im Hotel verwöhnt, und mein Moped stand nachts neben Gino´s Beta ALP200 in der Garage.
Dass das Jubeljubiläum am „Berg“ dieses Jahr evtl. nichts wird, ahnte ich bereits…….die Info´s aus dem WWW zum Zustand der betroffenen Stelle waren eindeutig. Mein Weg bis dorthin ist aber eh der schönere Teil der Strecke und den rollte ich dann am frühen Nachmittag zur Akklimatisierung ab………natürlich mit der Hoffnung, dass es doch geht und ich zum 30jährigen oben ein Bier aufmachen kann.
Die Montesa schnurrt durch den Zauberwald, vorbei am Rifugio Rey und hoch nach P*.    Der weitere Weg zum L. D* zeigt deutliche Spuren von grober Bereifung, der Ausblick am C.F* auf den „BERG“ schürt nochmals die Hoffnung.    Aber kurz nach dem ich auf der eigentlichen Chabo-Trasse bin, begrabe ich diese………keine Chance da heil drüber zu kommen. Die Straße ist nicht nur verschüttet, der „Unterbau“ ist teils komplett weggebrochen:         

Auf den Bildern sieht es schon nicht sehr einladend aus…..aber wenn man in echt und in Farbe an der Stelle steht, wird es einem schlecht. Zurück ging´s über die Variante „Sentiero d´Ivo“ zum Rifugio Rey, die kurzzeitige Traurigkeit verflog und ich freute mich schon auf´s Abendessen, die kommenden 4 Fahrtage…….und auf´s Bett.      

Montag, 30.09.2019:

Bei strahlendem Sonnenschein schlapp´ ich um halb neun zum Frühstück und haue mir am erweiterten Buffet den Ranzen voll. Danach wieder rüber in „meine Bude“, rein in die Klamotten……Rucksack…..Helm……und wieder zurück. Der Wanderstock erwacht nach dem ersten Kick zum Leben und blubbert leise über den „Marmorquellen-Trail“ zum Einstieg Staumauer.       Bis zu meinem heutigen Einstieg in die hochalpine Bergwelt rollte ich die reguläre Sommeillerpiste hoch, es herrschte reger Verkehr…….bis dahin J.
Auf einer neuen Variante bis zum nächsten Fotostop am „Karls-Dinner-Atergo“, und dann hoch bis zur „Eisenbahn-Schottersektion“…….mit zwei Wanderern und ein paar Gämsen genoss ich auf 3159HM das Pornorama am Passo F*.    Zum Gipfelsturm auf den P.S* wählte ich die beeindruckende „am Grat lang“ Variante, links die unendliche Schotterhalde und rechts geht´s gute 300Meter senkrecht runter zum Sommeiller-Plateau.    Das Feeling und die Aussicht am Gipfel waren bei diesem Wetter perfekt.       Nach einer guten halben Stunde „Rundumsicht“ ging´s dann wieder runter bis zum Passo F* und weiter zur Brotzeithütte am Passo G*.    Die mir bekannte Abstiegsroute ins Valle F*. ist im oberen Bereich durch einen Felssturz und ein großes Altschneefeld blockiert, der Pfad unterhalb vom Punta G* bis zum nächsten Plateau ist zwar nicht ganz so spannend……dafür relativ sicher.    Bis zum Roche R* wieder auf der bekannten Route, danach weiter auf der anderen Talseite zum nächsten Einstieg am unteren Ende des Valle F*. Am Steinmännchen geht´s rauf……und zwar richtig! Erst an der Baumgrenze ist eine Rastmöglichkeit und der darauffolgende Anstieg nur noch in Serpentinen machbar. Auf knapp 2500HM verdurstete mein Wanderstock und die Betankung in dem Gelände war etwas zittrig.    Aufgrund der weiteren 500HM mit gehobener Hangneigung, des doch schon spätem Nachmittages und der ab hier schon (mit den kleinen Bremsscheiben) ambitionierten Abfahrt, habe ich abgebrochen………und war auch froh als der eigentliche Pfad wieder zu sehen war J.
Zum Auflockern bin ich auf dem Rückweg nochmals den langen Trail bis zur Liftversorgungs-Strasse abgerollt, auf den Jafferau hoch und von da die Direttissima übers Forte Foen runter zum Fahrerbier.

Dienstag, 01.10.2019:

Nach einem weiteren ausgiebigen Frühstück startete ich um halb zehn erneut bei traumhaftem Wetter………deutlich aufgeregt……..in eine mir neue Challenge.  Meinen letzten Versuch hatte ich wegen einsetzendem Schneefall und Eis abgebrochen……….an solchen Widrigkeiten sollte es nun nicht scheitern. Auf dem Weg zum Einstieg blendete mir mein Gedächtnis die abgespeicherten Bilder der Schlüsselstellen ein…….die (An)Spannung stieg. Mit leicht erhöhtem Puls biege ich in die erste Auffahrt in den Wald ab, im Zickzack zieht sich der „Pfad“ über lockeren Waldboden steil hoch. Bis zur Felsstufe sind wieder etliche gescheiterte Versuche mit grobstolliger Bereifung zu sehen.    Direkt an der Baumgrenze kommt dann die erste Schlüsselstelle. Es geht in und durch eine spektakuläre Schlucht…….ab hier waren auch keine Spuren mehr sichtbar.       Erst beim Haus wird das Gelände kurzzeitig wieder flacher, davor sind noch zwei Felsenrinnen zu durchqueren.    Die ersten 100 Meter nach der verfallenen Carabinieri-Behausung sollten zum „in den Flow kommen“ genutzt werden, es geht durch eine Felsrinne und die danach anstehenden letzten 500 HM sind sehr sehr fordernd.       100 HM unterhalb des Sattels nochmals eine Pause und den Weg bis zum Startpunkt in den finalen Anstieg zu Fuß abgecheckt…………..und dann, nach insgesamt 4,5 richtig anstrengenden Stunden stand ich das erste Mal auf dem Sattel des Col Frejus.    Eine Schotterautobahn führt durch Frankreisch runter an einer Bunkeranlage vorbei ins Tal.   

Über einen supergeilen Trail geht´s auf der anderen Seite wieder hoch zum Col della Rho.   

Das Fahrerbier war nach dem Tag besonders gut……und das Vitello Tonnato zum Abendessen ein Traum.   

Mittwoch, 02.10.2019:

Die ganze Nacht tobte ein Gewitter und es schüttete wie aus Kübeln. Um acht, auf dem Weg zum Frühstück strahlte bereits wieder der Planet…..auf den Nordhängen lag ab ca. 2700HM bereits Schnee und es war gefühlt 10Grad kälter wie die vorherigen Tage. Nach dem es der gestrige Tag in sich hatte, stand für heute die „hinterm Chabo Singletrail-Orgie“ zum Relaxen an. Diese startet ca.300 Meter nach dem Nigritella und endet in Clavier.
Zuerst auf griffigem Waldboden, dann die MTB-Downhill-Rinne hoch und weiter bis zum Abzweig „Richtung Stein“……im Bachbett nach dieser Herausforderung die erste Pause…….. mit schöner Aussicht in die Auffahrt von gestern.   

Ab hier ist der Boden wieder „Spurenfrei“……der finale Aufstieg zum Col A* ist allerdings richtig zerfräst.   

An den verfallenen Häusern legte ich eine längere Pause ein, von Frankreich kam eine Schafherde incl. Bespaßungs-Personal herauf.      

Nach einer guten halben Stunde war der Weg dann frei und ich surfte leise und ungesehen runter ins Tal……huschte so schnell und leise wie möglich durch den Bach bei Acles und verschwand ohne den Zorn des dortigen Bauern heraufbeschworen zu haben im Wald. Als ich dann über die etwas heikle Verschüttung drüber war, verflog auch die „Verfolgungsangst“……und zurück fahre ich eh anders.
Die Stimmung in dem schier unendlichen Tal ist toll, fahrtechnisch easy going, landschaftlich kommt ein wenig „GOT-Feeling“ auf…..sowie Jon Schnee auf dem Weg zur Mauer J. Am Col D* habe ich den weiteren Grat-Pfad durch die beiden Meteoritenkrater zuerst zu Fuß besichtigt.      

Danach vorbei an dem Riesenloch, hoch auf den Sattel am Col L* mit Blick auf den „BERG der Berge“.      

Im Stealthmodus rollte ich runter bis nach Montgenevre, über die Grenze nach Clavier….und an der Kirche gleich wieder rechts hoch zum „Sette-Colori-Trail“.
Brotzeit mache ich an der oberen Liftstation und genieße die Aussicht.      

Zum Cappu fahre ich runter nach Cesana, über einen versteckten Trail nach Fenils…….Desertes und rauf zur Kapelle Cotolivier.   

Durch den Zauberwald dann zurück nach Bardonecchia zum nächsten Cappu am Bahnhof. Zum Abschluss des Tages fahre ich dann noch einen interessanten Weg der den Namen „Immer an der Wand lang“ verdient hat.   

Donnerstag, 03.10.2019:

Für den letzten Tag hatte ich mir noch ein Schmankerl aufgehoben. Nach dem Frühstück hoch zum Bachbett und Startpunkt Col R*. Die Brücke existiert ja schon lange nicht mehr, nun führt eine Art Damm auf die andere Seite. Der Weg nach der Baumgrenze ist wie planiert, über den neuen Hangabrutsch ist auch schon eine neue Spur gezogen und ich komme ohne Probleme zur zweiten Bachquerung. Der weitere Weg hoch bis zum Fort fährt sich auch geschmeidig……..(meinen Rekord von 2014 mit 23 Minuten von unten bis hoch zum Gipfelkreuz auf der FR250 unterbot ich allerdings nicht)………..denn…….als ich nach dem Fort rechts um die Ecke bog, stand da das Empfangskomitee. Ich begrüßte die drei Burschen der C. Forestale und die waren auch sehr freundlich.  Sie zeigten mir auf ihrer Landkarte wo wir gerade sind J…..und erklärten mir dass ich hier eigentlich nix verloren hätte……als ich ihnen dann noch von meinem Plan erzählte, dass ich da jetzt eigentlich ganz hoch wollte und rüber nach Frankreich…und…und…und…..haben sie gelacht und das Gespräch mit „Non continuare oggi“….also „heute nicht mehr“ beendet. Ohne den Geldbeutel zu öffnen ließen sie mich runterfahren.
Auf dem Weg nach unten….über den regulären Weg….plante ich den Tag zur Sightseeing Tour um, und fuhr nach einem Cappu in Bardonecchia nochmals über den „Marmorquellen-Trail“ und hoch zum Sommeiller-Plateau……haha…….der Winter naht.   

Beim Rückweg nochmal das Panorama am Jafferau und Fort Foen genossen.      

Zum Mittagessen dann wieder nach Bardonecchia ins „La Ruotta“……..mit welcher Karte zahlen Sie heute?“   

Und zum Tour-Finale hoch zum Passo M*.   

Gegen halb fünf hatte ich dann den Wanderstock wieder aufgeladen, und mir danach bei einem…..zwei……Birra Grande den Sonnenuntergang angesehen.   
Text und Fotos Mikka