Retrospektive BMW
Vorweg:
Diese Betrachtung kommt von einem, der noch nie mehr als 130 Pferde bewegt hat und diese nur als Selbstzünder laufen ließ.
In den letzten Jahren verrichteten 2 Familienkutschen aus dem Hause Ford (2.0 TDCi) ihren Dienst unter mir. Als Berufspendel schwinge ich jeden Tag 150km auf der Bahn hin und her, so dass ich mittlerweile auf gut ein ½ Mio km hinter dem fahrtrichtungsvorgebenden Bauteil komme. Daher die damalige Entscheidung zum geräumigen und sparsamen Arbeitstier. Ca. 6 L. Verbrauch, ausgereifte Technik (u.a. kein zu wechselnder Zahnriemen), viel Platz, AHK für den Mopethänger, usw.. Die Familienväter unter den Lesern kennen all diese Argumente für die vernünftige Variante der Fortbewegung und kennen auch ihre eigenen heimlichen Wünsche nach einer unvernünftigen.
Leider nahm nun der Herr der Mechanik den Letzten viel zu früh zu sich (nach schon 247000 km). Der Turbo verlor einige seiner Flügel und da, nach dem Verdichterrad, keinerlei Filtersystem mehr vorgesehen ist, verleibte sich das Aggregat alles Kommende ein, verarbeitete es mehr oder weniger artgerecht und spuckte Unverdauliches hinten wieder raus. Die Geräuschkulisse war durchaus imposant und die Ölwolke beim Gas geben danach hätte ausgereicht, um bei jeder Staßenschlacht alle brennenden Autoreifen in den Schatten zu stellen.
Kurzum, ich brauchte kurzfristig ein neues Pendel.
Glücklicherweise gab ein Freund von mir just zu diesem Zeitpunkt sein altes Gefährt ab, da er auf einen Golf „R“ aufgerüstet hat. So kam ich für schmale Scheine zu einem BMW 330xi.
Sechs Zündungseinheiten in Reihe, mit 231 Gäulen, die mittels Spannungsbögen zum Laufen gebracht werden. Das alles ohne modernen Schnickschnack, wie Turbo, Kompressor, o.ä.. Einfach Hubraum, Verdichtung und Sprit. Die so entstehende mechanische Energie wird dann auf alle vier Hufe übertragen. Mein Präsibruder kannte auch gleich noch weitere Feinheiten des von mir erworbenen bayrischen Vehikels. Höherlegung, wg Allrad, kürzere Gesamtübersetzung, Probleme mit den Domlagern, die den dicke 6-Zylinder nicht so mögen, …
Für mich als Dieseldrehmomentschleicher, eine neue Welt. Im Vergleich fährt sich das Ding wie ein 2-Tackter. Je weiter die Nadel neben dem Tacho in der Zahlenskala nach ober wandert, umso mehr schiebt die Lehne. Und spielt man mit der Nadel zwischen 5 und 6,5/minx1000, spielt die Kapelle da vorn den Hummelflug. Nix mehr mit Überholen, ohne die Getriebestufe nach unter anzupassen. Dafür dauern die Überholvorgänge aber auch nur noch halb so lang, wenn man die Kalibrierung entsprechend vornimmt. Allerdings wandert die Tankanzeige dann ähnlich schnell, wie der Drehzahlmesser. Gerollte 10,5l., im Mix 11,1l. und auf der linken Bahn 13l., was ja schon fast wenig ist, im Vergleich zu gerollt. Bei den momentanen erhobenen Preisen für verbrennungsfähiges Flüssigmaterial, geht das noch. Wenn man 6 l. Diesel gewohnt ist, tut das dennoch weh, auch wenn sich mein Verhältnis zu meinem Tankwart in den letzten Wochen deutlich verbessert hat.
In unseren Breiten braucht man den Allrad nicht wirklich. Auf nasser Straße, aus kurzen Ecken rausbeschleunigen, ist allerdings schon eine Wucht. Traktion ohne Ende. Am Arlberg habe ich letztes Wochenende das Schild „nur mit Schneeketten oder Allrad zu befahren“ aber beruhigt zur Kenntnis genommen. In einer Nacht hatten wir auch glatt 40cm Neuschnee. Perfekte Bedingungen. Das Bergabfahrknöpfchen konnte ich somit auch zum ersten Mal bedienen. Das ist aber langweilig.
Die Silhouette ist zwar kombigleich, täuschte allerdings Raumangebot nur vor. Mein Bruder, der andere Präsibruder (ausgestattet mit ähnlichen Abmaßen seiner Umgebungshülle), schlug eine Probefahrt aus, mit dem Hinweis auf das zu geringe Angebot an atembarer Luft im Innenraum.
Rundherum jedenfalls ein klasse Auto. Ein bisschen oldschool, so mit Kassettendeck und so, aber Technik die begeistert. Der Motor schnurrt wie ein Kätzchen und das Gesamtkonzept passt. Getriebeabstufung harmoniert mit dem Aggregat, straffes Fahrwerk, sportliche Sitze mit super Passform…
Da ich, anders als mein Präsibruder, noch eine Weile zum Gelderwerb herangezogen werden, steht schon ein alter Mondeo zur Ablösung bereit. Die vernünftige Variante wieder. Somit werde ich mich im Frühjahr von meinem unvernünftigen Spaßmobil verabschieden und wieder zurück ins Glied treten.
Zur Rente dann vielleicht wieder……